SOLO SOLO

 

 

 

 

Eine Interpretin - ein(e) ZuhörerIn:

Eindrücke von ZuhörerInnen und meine Gedanken zum Format des 1 zu 1 Konzert

 

 

 

 

 

 

„Man kann sich nicht entziehen“

„Ich habe wirklich die ganze Zeit aufmerksam zugehört, normalerweise schweift man im Konzert auch mal ab...“

Ein einzelner Adressat ist kaum zu verfehlen. Sowie sich mein Spiel nur an eine einzige Person richtet, arbeitet sich der/die ZuhörerIn allein an der Beziehung zur Interpretin ab. Keiner von beiden kann sich zerstreuen, die Konzentration ruht allein auf der gegenwärtigen Situation und der musikalischen Begegnung mit dem anderen. Ein(e) ZuhörerIn ist ein unmittelbar spürbares Gegenüber, das um seine Bedeutung weiß.


„Ich habe noch nie zuvor deine Finger aus der Nähe beobachten können“

„Ich habe auf deine Atmung und Körpersprache geachtet“

Die räumliche Nähe in einer 1 zu 1 Situation ermöglicht dem/der ZuhörerIn, die Interpretin in ihrer ganzen Körperlichkeit zu erleben. Zentral ist dann nicht Musik, die vom Menschen erzeugt wird, sondern ein Mensch, der von Musik bewegt ist.


„Wenn ich nicht alleine gewesen wäre, hätte ich mich vielleicht nicht getraut so viele Fragen zu stellen.“

Die gemeinsame Annäherung an die Musik durch das Gespräch macht den/die ZuhörerIn zu einem wesentlichen Teil der Interpretation. Der/die ZuhörerIn ist dann nicht mehr nur RezipientIn, sondern gleichermaßen ProduzentIn der Performance. So verschwimmt die Grenze zwischen "Bühne" und "Publikum", wenn sie sich nicht gar auflöst - ein beflügelndes Gefühl.

 
„In einem Publikum beobachtet man nicht nur das Geschehen auf der Bühne, sondern auch die Reaktionen der anderen Zuhörer“

Tatsächlich habe ich mich mit nur einer ZuhörerIn besonders frei und unbefangen gefühlt. Alleine erlebt der andere nur seine Wahrnehmung, ein Urteil fällt man vielleicht doch erst in Ab- und Übereinstimmung mit anderen. Ein ganzes Publikum kann sich gegenseitig in Tendenzen der Wahrnehmungen bestärken und sich dadurch vielleicht auch von seiner eigentlichen, spontanen Empfindung entfremden. Ein einzelner hingegen kann nur ganz bei sich sein.

Neben der Erfahrung der besonderen Intensität und Intimität in einem 1 zu 1 Konzert habe ich gelernt, dass ein(e) ZuhörerIn etwas völlig anderes ist als kein(e) ZuhörerIn. Obwohl ich das Geigenspiel auch alleine (häufig beinahe rauschhaft) genieße, erzeugt die Anwesenheit einer anderen Person eine Spannung und innere Energie, die ich alleine nicht simulieren kann - selbst wenn der/die ZuhörerIn durch meine innere Vorstellungskraft so gut wie da ist. Die physische Präsenz eines Menschen ist eben entweder real oder nicht und nur darauf können Körper und Geist reagieren. Und was ich mit meinem Spiel ausdrücken will, weiß ich eigentlich erst dann, wenn mir jemand leibhaftig zuhört.